Ein Morgen im Coworking Space Effinger. Am langen Tisch treffen sich zwei Arbeitskollegen zu einem Kaffee und einer kurzen Besprechung. Der eine ist hier Coworker, der andere hat seinen Arbeitsplatz in einer Firma. “Ganz schön Betrieb heute,” meint der eine. „Du, was machen eigentlich all die Jugendlichen hier? Es ist doch nicht Zukunftstag." „Ja, könnte man meinen“, erwidert der andere. „Nein, die Jugendlichen sind Colearner hier, Homeschooler, die keine Schule besuchen und normalerweise von ihren Eltern unterrichtet werden. Ihnen wird hier ein Lernort geboten, in Verbindung mit der Arbeitswelt der Erwachsenen." „Gute Idee, habe gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt.“
Anfangszauber
Seit jetzt gerade zwei Monaten gibt es „so etwas." Mit grosser Begeisterung und viel Elan sind wir eingestiegen. Die Realitätsprüfung ist im Gang. Wir wissen nun: Es kann funktionieren. Ein paar Erfahrungen möchte ich mit diesem Newsletter im Namen der Beteiligten nun mit euch teilen.
Die Begriffe “Anfang” und „Zauber" sind einer Gedichtzeile von Hermann Hesse entnommen.
„und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben."
Das ganze Gedicht, „Stufen" heisst es, verkörpert Lebensoptimismus und macht Mut, Schritte in Unbekanntes zu wagen. Diesen Zauber haben wir glücklicherweise in all der Anstrengung auch immer wieder spüren dürfen.
Der Anfang
Ein kurzer Motivationstext und ein Gespräch gemeinsam mit den Eltern war praktisch alles, was wir von den Jugendlichen zu Beginn hatten. Gut so! Wir wollten ganz bewusst gemeinsam mit ihnen in dieses Abenteuer eintauchen, ohne grosse Absprachen, ein „Learning by doing" eben. Als lernende Gemeinschaft waren wir von Anfang an unterwegs, um miteinander herauszufinden, was funktioniert und was weniger.
Der Start verlief darum vielschichtig und war sicher für uns alle anspruchsvoll. Neben der sozialen Einbindung in der Gruppe und im Effinger ging es immer wieder um Fragen der Selbstkompetenz und der Selbstorganisation.
Optimierungen passierten so laufend auf Grund der gemachten Erfahrungen.
Soziale Einbettung
Verschiedene Colearner kannten sich bereits. Das brachte Vorteile, hiess aber auch, die anderen einzubinden. In der ersten Phase gestalteten die Koordinatoren (Tom, Marco, Fredi) mit den Jugendlichen auf Basis des Konzepts eine passende Ausgangslage. Das gegenseitige Kennenlernen passierte mit entsprechenden Morgeneinstiegen und-ausstiegen. Kontakte zur Effinger-Community ergaben sich vor allem in der gemeinsamen Kaffeepause. Die LernmoderatorInnen und interessierte ExpertInnen integrierten sich schrittweise in den laufenden Betrieb.
Lernort Effinger
Als Homebase für das Colearning können wir den Atelierraum nutzen.
Es ist uns jedoch wichtig, dass die Jugendlichen lernen, sich frei im Effinger Coworking Space zu bewegen. Dies bedeutet, selbstständig Regeln des Coworkings kennen zu lernen und sie dann selbstverantwortlich zu beachten. Es ist unser Ziel, dass die Colearner Teil der Community werden und schrittweise auch Verantwortung im Betrieb übernehmen.
Dies geschieht im Moment vor allem mit kleinen Jobs, die sie spontan übernehmen.
Colearning
Unsere Vorstellung war, dass da Jugendliche kommen, die ihre Ideen, Themen und Projekte mitbringen und im Effinger umsetzen wollen.
Gekommen sind junge Menschen, die noch stark in ihrer Welt verhaftet sind. Sie wollen zwar Neues integrieren, sind jedoch dabei auf die passende Begleitung und auf die Unterstützung der Erwachsenen angewiesen. Gerade dieser Aspekt wurde uns rasch mit aller Deutlichkeit bewusst und wir versuchen mit der Lernmoderation und den Einstiegen eine Basis zu schaffen, die Ausgangspunkt sein kann für individuell spannende Themen und Projekte. Dabei hat das Hinweisen auf erfolgversprechende Lern- und Arbeitsstrategien einen hohen Stellenwert.
Ausblick
Wir haben den Stand der Dinge regelmässig mit den Colearnern und mit weiteren Beteiligten überprüft und hinterfragt. Eine erste Struktur des Lernens und des Zusammenarbeitens hat sich herausgebildet.
In diesem Sinne werden wir das Colearning nach der Herbstpause weiterführen. Es freut uns, dass alle (Colearner und LernmoderatorInnen) an Bord bleiben und mithelfen wollen, die Segel wieder zu setzen und neue Erfahrungen zu machen.
Wir danken allen, die sich für dieses Projekt interessieren und wissen es sehr zu schätzen, dass der Effinger weiterhin Hafen sein wird und wir uns auf die wohlwollende Unterstützung vieler verlassen können.
Wer unsere gemachten Erfahrungen und abgeleiteten Erkenntnisse gerne noch in detaillierterer Form nachlesen möchte, dem empfehle ich die Blogeinträge von Marco.
Weitere Informationen und das ausführliche Konzept sind auf www.colearningbern.ch zu finden.